(http://www.cio.de/dynamicit/management_strategie/2226947/index1.html)
Der Markt für Cloud-Services wird sich bis Ende 2011 verdoppeln
Die prekäre Wirtschaftslage stellt die deutsche Firmenlandschaft vor Probleme, die sich mittels Cloud Computing zielgerichtet lösen ließen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erwarten die Analysten von Techconsult, dass die Ausgaben für Dienste aus der Wolke bis Ende 2011 von 285 Millionen Euro (2009) auf 564 Millionen Euro steigen. Eine mit dem ITK-Branchenverband Bitkom initiierte Studie beleuchtet den Stand der Dinge in Sachen Cloud-Nutzung und -Planung und liefert einen Ausblick auf die Entwicklung des hiesigen Markts.
Kaum ein Thema beschäftigt die IT-Branche derzeit so intensiv wie Cloud Computing. Eine Vielzahl von Anbietern wie Fujitsu (siehe auch „Dienste aus der Wolke“ und „Fit für Infrastructure-as-a-Service“) hat bereits Lösungen für die Nutzung von Software oder IT-Infrastruktur via Internet auf den Markt gebracht oder angekündigt, und immer mehr Unternehmen prüfen die extern angebotenen Cloud-Services. Das viel und kontrovers diskutierte Konzept, bedarfsgerecht skalierbare IT-Ressourcen von einem Cloud-Anbieter zu beziehen, anstatt über teure und zeitenweise überdimensionierte eigene Infrastruktur bereitzustellen, wird sich nach Einschätzung von Markt- und Branchenexperten im laufenden Jahr weiter etablieren. „Das Prinzip, Software-Anwendungen und Rechnerleistung je nach Bedarf zu nutzen, wird sich auf breiter Front durchsetzen“, prognostizierte August-Wilhelm Scheer, Präsident des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom), kürzlich auf der CeBIT. Der ITK-Branchenverband hat Cloud Computing – ein Thema, dem sich auch die IT-Messe in Hannover in allen Facetten widmete -, als einen Top-IT-Trend 2010 identifiziert.
Um herauszufinden, wie es in der hiesigen Firmenlandschaft aktuell um Cloud Computing bestellt ist, hat der ITK-Branchenverband gemeinsam mit den Marktforschern von Techconsult eine Untersuchung initiiert, für die 124 IT-Entscheider in deutschen Unternehmen zur Cloud-Nutzung und -Planung befragt wurden. Unterstützt wurde die Studie von Fujitsu, Accenture, Beta Systems, der Deutschen Telekom sowie Google und Saperion. Den Ergebnissen zufolge wird Cloud Computing in neun Prozent der interviewten Firmen bereits genutzt, bei knapp einem Prozent befinden sich Cloud-Services momentan in der Testphase, während nahezu drei Prozent der Organisationen bereits konkrete Vorhaben planen. Zusammen mit den 19 Prozent der IT-Entscheider, die sich grundsätzlich interessiert am Cloud-Konzept äußerten, hat demnach beinahe jedes dritte Unternehmen hierzulande schon eine gewisse Affinität zu der Wolken-IT entwickelt.
Probleme der Cloud-Abstinenzler im Visier
Dabei richteten die Studieninitiatoren ihr Augenmerk gerade auch auf diejenigen Firmen, die dem Thema Cloud Computing bislang noch zurückhaltend gegenüber stehen – laut Umfrage hat die Mehrheit (69 Prozent) der deutschen IT-Entscheider immer noch Vorbehalte gegen die Wolken-IT. „Wie die Erfahrung zeigt, erleben zahlreiche Technologien, die in der frühen Marktphase mehrheitlich abgelehnt wurden, später eine starke Nachfrage“, begründet Peter Burghardt, Managing Director bei Techconsult und Autor der Studie, die besondere Aufmerksamkeit für die Cloud-Abstinenzler unter den Interviewten. Zudem habe die Studie gezeigt, dass sich ein Großteil der hiesigen Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert sieht, die sich gerade mittels Cloud Computing leichter stemmen ließen:
- Nahezu 40 Prozent der befragten Firmen müssen in ihrem Geschäftsverlauf mit weit über die Normalauslastung hinausgehenden Belastungsspitzen fertig werden;
- bei jedem vierten Unternehmen sprengen notwendige Investitionen den Rahmen der verfügbaren IT-Budgets;
- 60 Prozent der Organisationen sind mangels eigener Ressourcen bei der Einführung neuer IT-Lösungen im Regelfall auf externes Know-how angewiesen.
Die Lösung liegt in der Wolke
Genau diese Problemzonen sind es offenbar auch, die Unternehmen in Richtung Cloud Computing treiben: Laut Studie führen zwei Drittel der bereits überzeugten oder interessierten Umfrageteilnehmer das via Wolke zu erzielende Plus an Flexibilität als entscheidendes Argument zugunsten von Cloud-Services an. Jeweils gut 60 Prozent wiederum liebäugeln wegen der geringeren Kapitalbindung beziehungsweise niedrigeren IT-Kosten mit der Wolken-IT, und knapp drei Viertel reizt eigenen Angaben zufolge der mittels Cloud deutlich zu reduzierende Administrationsaufwand. Nahezu 40 Prozent lockt in diesem Kontext das geringe Maß an erforderlicher eigener IT-Expertise, während zwei Drittel die Möglichkeit, neue IT-Lösungen rasch einzuführen, für Cloud Computing einnimmt. Weitere Pluspunkte aus Sicht der IT-Entscheider: die Verfügbarkeit von jedem Ort mit Internet-Anschluss aus (90 Prozent) sowie die Möglichkeit, innovative Technologien zu nutzen.
Was die Art der Cloud-Angebote betrifft, interessieren sich die hiesigen Unternehmen und potenziellen Cloud-Anwender schwerpunktmäßig für via Internet nutzbare Software-Lösungen, die bereits stark verbreitet sind – etwa Office-Programme und Sicherheitslösungen -, sowie für Server- und Storage-Kapazitäten.
Noch nicht wirklich entspannt sind die Firmen indes, wenn es darum geht, ihre Daten den externen Prozessoren und Speichermedien anzuvertrauen: Zwar hätten die Unternehmen kaum Probleme damit, E-Mails und Marketing-Informationen in die Wolke auszulagern, seien aber deutlich zurückhaltender, sobald es um sensible Personal- und Kundendaten geht, so die Studie. Und lediglich zwei Prozent der Befragten würden Firmendaten in ihrer Gesamtheit in die Cloud geben.
Mehr Sicherheit via Cloud – gewusst wie
Angesichts der Tatsache, dass knapp jedes dritte Unternehmen angibt, aufgrund von Sicherheitsbedenken bereits auf IT-Lösungen verzichtet zu haben, seien diese Vorbehalte durchaus ernst zu nehmen, schreibt Techconsult-Experte Burghardt. Laut Umfrage stehen Sicherheitsbedenken unter den Gründen für die Ablehnung von Cloud Computing an erster Stelle (77 Prozent). Daneben seien es vor allem Faktoren wie Kontrollverlust, das Gefühl der Abhängigkeit sowie rechtliche Aspekte, die bei den Cloud-Skeptikern Berührungsängste hervorrufen.
Auch die Experton Group hat sich intensiv mit der Cloud-Hürde Sicherheit auseinandergesetzt – und ist zu folgendem Schluss gekommen: „Die Situation erscheint paradox: Grundsätzlich ermöglichen es externe Cloud-Services der Mehrzahl der Kunden, die Sicherheit bestimmter Anwendungen und Dienste auf ein höheres Niveau als bislang zu heben“, sagt Wolfram Funk, Senior Advisor bei der Experton Group. „Da externe Cloud-Dienstleister ihre Dienste für eine Vielzahl von Kunden anbieten, verfügen sie über die Skaleneffekte, die hohe Investitionen in eine hochsichere Infrastruktur erlauben.“
Für wenig zweckdienlich hält der Experton-Berater allerdings die meist auf technologischer Ebene geführte Diskussion um die Sicherheit von Cloud-Services. Den Schlüssel zum Erfolg sieht er in Aktivitäten rund um Risikoanalysen, Service Level Agreements (SLAs) und Provider Management. Solide technische Maßnahmen zur Absicherung von Cloud Services seien zwar wichtig, noch wichtiger jedoch die Beziehung zum Cloud-Dienstleister, so Funk. Wer durch extern bezogene Cloud Services mit vertretbarem Aufwand ein höheres Sicherheitsniveau als bei Inhouse-Lösungen erzielen will, sollte allerdings einige Regeln beherzigen:
- Zunächst sollten Unternehmen die interne Organisationsstruktur auf Vordermann bringen sowie Verantwortlichkeiten und Rollen für Informationssicherheit intern klären.
- Die Verantwortung für Informations-Sicherheit insgesamt sowie für Koordination, Management und Qualitätskontrolle externer (Cloud-)Dienstleister verbleibt immer im Unternehmen.
- Unternehmen sollten eine detaillierte Risikoanalyse (inklusive Compliance-Risiken) für den spezifischen, extern bezogenen Cloud Service sowie die zur Debatte stehenden Informationen und Prozesse vornehmen.
- Wirtschaftliche Aspekte, interne und kundenorientierte Prozessverbesserungen und weitere potenzielle Nutzeneffekte müssen den erwarteten (Rest-) Risiken gegenübergestellt werden.
- Die Sicherheitsarchitektur muss Arbeitsteilung und Schnittstellen zwischen dem Provider und dem eigenen Unternehmen detailliert festlegen.
- Prozesse für Reporting, Incident Management und Audits beim Dienstleister sind festzuschreiben.
- Kann der Cloud-Dienstleister die angeforderte Leistung auch tatsächlich erbringen? Hier gilt es auch zu hinterfragen, ob er Subunternehmer einsetzt, die das Risiko möglicherweise erhöhen.
- Die Einhaltung regulatorischer Anforderungen durch den Provider muss geklärt und festgeschrieben, unter anderem im Hinblick auf den Umgang mit Daten und deren Speicherung in bestimmten Regionen.
- Für sicherheitsrelevante Kriterien dürfen nur Service Level vereinbart werden, die sich auch messen lassen. Dabei ist die vorgeschlagene Messmethode sorgfältig zu prüfen.
- Der Kunde muss im Vorfeld festlegen, wie die Exit-Bedingungen im Falle eines Providerwechsels aussehen. Ein „Vendor-Lock-In“ kann das Unternehmen im Ernstfall teuer zu stehen kommen.
Die heutigen Skeptiker sind die Kunden von morgen
Bei allen Sicherheitsbedenken bringt ein Großteil derjenigen Unternehmen, die gegenüber Cloud Computing Sicherheitsbedenken hegen oder in der Abgabe von Kontrolle Probleme sehen, dem Internet offenbar grundsätzlich großes Vertrauen entgegen: Der Techconsult-Umfrage zufolge betreiben 80 Prozent Online-Banking, fast 40 Prozent kaufen im Web unter Angabe ihrer Kreditkarten-Nummer ein, darüber hinaus nutzt jede dritte Firma in dieser Gruppe gehostete E-Mail-Postfächer und rund 40 Prozent sonstige gehostete IT-Lösungen oder Daten.
Vor diesem Hintergrund gehen die Studieninitiatoren davon aus, dass sich die hierzulande noch verbreitete Skepsis gegenüber Cloud Computing in absehbarer Zeit verflüchtigt und viele derzeitige Abstinenzler auf die Wolke aufspringen werden. „Zusammenfassend betrachtet, besteht also kein Grund, das firmeninterne Rechenzentrum bereits totzusagen, ebenso unangebracht ist es jedoch, Cloud Computing als reinen Hype abzustempeln“, resümiert Burghardt. Vielmehr dürften sich aus Sicht der Marktforscher selektive gemischte Modelle aus interner und Cloud-IT durchsetzen. Nach den jüngsten Prognosen von Techconsult werden die Ausgaben der deutschen Unternehmen für Cloud-Services bis Ende 2011 von 285 Millionen Euro (2009) auf 564 Millionen Euro steigen und sich damit fast verdoppeln.